Praxisbeispiele

Gemeinsam für Vielfalt und Demokratie

Trägerübergreifende Workshops für Respekt Coaches setzen wichtige Impulse

Bei den trägerübergreifenden Workshops der Respekt Coaches drehte sich alles um Austausch, Weiterbildung und praxisnahe Ansätze zur Förderung von Vielfalt und Demokratie an Schulen. Inputs zu Antisemitismus, Rassismus und Gewaltfreier Kommunikation sowie kollegiale Fallberatung boten wertvolle Impulse für die Präventionsarbeit.

Eine gelbe Tischflag mit dem Respekt-Coaches-Logo mit dem Schriftzug "Lass uns reden". Dahinter sind unscharf viele Menschen zu sehen, die sich unterhalten.
Die Veranstaltung bietet jedes Jahr auch Zeit für den Austausch untereinander.

Ende November und Anfang Dezember 2024 fanden in Berlin und Kassel die trägerübergreifenden Workshops für die rund 200 Fachkräfte im Bundesprogramm Respekt Coaches statt. Das Weiterbildungs- und Netzwerktreffen wird zweimal jährlich im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) von der Fachstelle JMD Respekt Coaches organisiert.

 

Begrüßung und Ausblick: Signal für die Zukunft des Programms

Im Grußwort des BMFSFJ hob Jana Borkamp, Abteilungsleiterin Kinder und Jugend, die Bedeutung des Programms Respekt Coaches hervor und stellte die Finanzierung des Programms trotz der schwierigen politischen Umstände und der vorläufigen Haushaltsführung für 2025 in Aussicht. Sie wisse um die Herausforderung, primärpräventive Arbeit, die auf Kontinuität und Vertrauen zu den jungen Menschen baut, innerhalb der Strukturen eines Modellprojektes umzusetzen, welches aufgrund seiner Rahmenbedingungen lediglich jährlich gefördert werden kann. Den Respekt Coaches sprach sie auch im Weiteren ihre Unterstützung zu.

 

Eine Frau an einem Redepult spricht.
Jana Borkamp (BMFSFJ) begrüßte die Respekt Coaches und betonte die Wichtigkeit ihrer Arbeit.

 

Interaktives Fachgespräch: Praxisbeispiele und Herausforderungen

Zentraler Programmpunkt am ersten Tag war ein interaktives Fachgespräch: Unter dem Titel „Beispiele aus der praktischen Bildungsarbeit gegen Antisemitismus“ diskutierten Dr. Türkân Kanbıçak, Erziehungswissenschaftlerin mit antisemitismus- und rassismuskritischem Schwerpunkt, und Oumaima Soukrat vom Projekt „Schalom & Salam“ über Chancen und Herausforderungen der Bildungsarbeit. Mit Beispielen wie den Programmen „Yad be Yad“ und „AntiAnti“ zeigten sie nicht nur unterschiedliche methodische Ansätze, sondern auch, wie wichtig es ist, Themen wie Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung nicht isoliert, sondern intersektional zu betrachten.

Ein Schlüsselbegriff des Fachgesprächs war die Ambiguitätstoleranz – die Fähigkeit, unterschiedliche Perspektiven und Deutungsmuster auszuhalten und zu akzeptieren. Diese sei, so Kanbıçak, gerade in heterogenen Schulklassen unverzichtbar. Soukrat ergänzte, dass kreative Zugänge wie Musik oder Film niedrigschwellige Möglichkeiten bieten, sensible Themen anzusprechen und Reflexion zu fördern.

Auch die Respekt Coaches schilderten ihre Praxiserfahrungen. Sie berichteten von strukturellen Hindernissen wie überfüllten Lehrplänen und Zeitmangel in Schulen. Einige Lehrkräfte mieden zudem aus Angst vor Konflikten Themen wie Religion – dabei sei gerade hier ein Dialog über Vielfalt und Toleranz essenziell. Respekt Coach Saim Alin vom JMD Celle stellte fest, dass beispielsweise innermigrantischer Rassismus an Schulen häufig zu wenig Beachtung finde. Kanbıçak griff das Thema auf: „Rassismus ist keine Einbahnstraße.“ Viele selbst marginalisierte Gruppen stellten sich untereinander oft gegeneinander. Soukrat betonte dazu, dass jede Person sowohl Täter*in als auch Opfer von Diskriminierung sein könne.


Drei Personen in Sesseln. Eine Person spricht in ein Mikrophon.
Oumaima Soukrat (links) und Dr. Türkan Kanbıçak (rechts) führten durch das interaktive Fachgespräch, in dem auch Respekt Coach Frederic Jäger (JMD Rhein-Berg) von seinen Erfahrungen berichtete. 
 

Perspektivenvielfalt und Lösungsansätze bei der kollegialen Fallberatung

Der Nachmittag des ersten Tages war der kollegialen Fallberatung gewidmet – einer bewährten Methode, bei der in Kleingruppen konkrete Herausforderungen aus der pädagogischen Praxis diskutiert und Lösungsansätze erarbeitet werden. Moderiert von Agnes Dyszlewski, Wirtschaftspsychologin und Mediatorin, ermöglichte das Format einen tiefen Einblick in die unterschiedlichen Arbeitsrealitäten der Respekt Coaches.

Dabei ging es zum Beispiel um Fragen der Primärprävention und wann es sinnvoll ist, Fälle an Beratungsstellen oder die Schulsozialarbeit weiterzugeben. Auch der Umgang mit rechtsextremen oder rassistischen Aussagen von Schüler*innen wurde besprochen. Die strukturierte Vorgehensweise einer kollegialen Fallberatung ermöglicht es, voneinander zu lernen und neue Perspektiven für die eigene Arbeit zu entwickeln.
 

Vertiefung von Themen durch Workshop-Angebote

Der zweite Veranstaltungstag stand ganz im Zeichen der Workshops, die von erfahrenen Referent*innen geleitet wurden. Sechs thematische Schwerpunkte boten den Respekt Coaches die Möglichkeit, sich vertieft mit relevanten Themen auseinanderzusetzen:

  • Demokratie unter Druck – Rechtsextremismus in ländlichen Räumen (Verband der Bildungszentren im ländlichen Raum)
  • Klassismuskritische Perspektiven in der Bildungsarbeit (Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.)
  • Antimuslimischer Rassismus (Schalom & Salam)
  • Gewaltfreie Kommunikation – Im Dialog mit politisch Andersdenkenden (Hamburger Institut für Gewaltfreie Kommunikation)
  • Antisemitismuskritische Ansätze in der Gedenkstättenpädagogik (Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz)
  • TikTok – Schnell, unterhaltsam und demokratiefeindlich!? (Amadeu Antonio Stiftung)


Die Workshops waren praxisorientiert gestaltet und boten Raum für Diskussionen und methodische Erprobung. So zeigte beispielsweise der Workshop zu TikTok, wie wichtig es ist, die Plattform kritisch zu analysieren und junge Menschen im bewussten Umgang mit Medien zu schulen.

 

Menschen stehen im Raum verteilt und unterhalten sich.
Standortübergreifend über die Rolle als Respekt Coach*in oder etwa über gemeinsame Ziele und Herausforderungen zu sprechen, ist gerade bei der bundesweiten Umsetzung wichtig.


Positive Resonanz und Inspiration für die Praxis

Die Respekt Coaches zogen ein positives Fazit. Besonders gelobt wurde die Mischung aus Input und Austausch. Mit neuen Impulsen und Erkenntnissen sowie Ideen für Methoden endet das Jahr 2024 für die Respekt Coaches mit einer starken Basis für die künftige Arbeit. Die Veranstaltung unterstrich, wie wichtig es ist, Räume für Reflexion und Weiterbildung zu schaffen – gerade in Zeiten, in denen die Demokratiebildung in Schulen zunehmend unter Druck gerät.

 

Ein Beitrag von:
Servicebüro Jugendmigrationsdienste
Veröffentlicht: 10.12.2024

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