Praxisbeispiele

Respekt-Coaches-Angebot aus Neumünster

Geschichte erleben in Berlin: Bildungsfahrt stärkt politisches Bewusstsein

Eine Bildungsfahrt im Rahmen des JMD-Programms Respekt Coaches bot Schüler*innen aus Neumünster bewegende Begegnungen mit der deutschen Geschichte, Diskussionen über Antisemitismus und einen direkten Einblick in die Bundespolitik. Der dreitägige Ausflug hinterließ bei den jungen Menschen einen bleibenden Eindruck.

Eine Gruppe junger Menschen steht vor dem Brandenburger Tor in Berlin.
24 Schüler*innen aus dem 9. und 10. Jahrgang nahmen an der Bildungsfahrt nach Berlin teil.

Lange war die Bildungsfahrt für die Neunt- und Zehntklässler*innen der Wilhelm-Tanck-Gemeinschaftsschule geplant. Respekt Coachin Antigona Elmasry vom Jugendmigrationsdienst (JMD) Neumünster (AWO) begleitet die jungen Menschen seit 2019 und organisierte bereits vor zwei Jahren eine Projektfahrt zur Gedenkstätte Bergen-Belsen. Die Themen rund um Antisemitismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit bleiben für die Gruppe und sind auch gesellschaftlich weiterhin höchst relevant. Die Angebote der Respekt Coachin sind dabei eine wichtige Ergänzung zum regulären Schulunterricht.


Tag 1: Stolpersteine und Berliner Geschichte

Nach der Ankunft in Berlin startete die Gruppe mit einer Stolpersteinführung. Die kleinen Gedenktafeln erinnern an die Schicksale der Menschen, die Opfer des NS-Regimes wurden. Im Vorfeld hatten sich die beiden Lehrkräfte, die den Ausflug mitbegleiteten, über die Lebensgeschichten ausgewählter betroffener Personen informiert und bereiteten die Führung für die Schüler*innen vor.

Die direkte Begegnung mit den Stolpersteinen war Antigona Elmasry wichtig, denn „Geschichten und persönliche Erlebnisse wecken bei den Schüler*innen Emotionen und Empathie. Sie können somit eine tiefere Verbindung zu den Themen herstellen“, so die Respekt Coachin. „Außerdem können sie dazu beitragen, dass Informationen besser im Gedächtnis bleiben, da sie oft anschaulicher und einprägsamer sind.“

Nach der Stolpersteinführung besichtigte die Gruppe weitere geschichtsträchtige und wichtige Orte: die Gedächtniskirche, das Holocaust-Mahnmal und das Brandenburger Tor.
 

Tag 2: Workshop im Jüdischen Museum

Der zweite Tag führte die Schüler*innen ins Jüdische Museum, wo sie an dem zweistündigen Workshop „Antisemitismus. Das Gerücht über die Juden“ teilnahmen. Dabei konnten sie ihr Vorwissen festigen und vertiefen. Beispielsweise analysierten sie filmische Fallbeispiele in Bezug auf deren diskriminierende, antisemitische Aussagen. Der Workshop sollte die jungen Menschen dazu anregen, über Antisemitismus in der heutigen Gesellschaft zu reflektieren. Für eigene Vorstellungen, Denkprozesse und Erfahrungen der Schüler*innen war in dem offenen Gesprächsraum viel Platz. Der Perspektivwechsel und die Bildung eines eigenen Urteils standen dabei mit im Vordergrund.

 


Die Installation „Schalechet“ erinnert eindringlich an die Opfer von Kriegen.


Respekt Coachin Antigona Elmasry ist zufrieden und auch stolz auf die jungen Menschen: „Die meisten Schüler*innen haben bereits an diversen Exkursionen zum Jüdischen Museum Rendsburg oder zur Synagoge in Lübeck und Hamburg teilgenommen. Einige Schüler*innen hatten im Rahmen der Bildungsfahrten in der Gedenkstätte Bergen-Belsen die Möglichkeit, sich mit dem Judentum, Antisemitismus und anderen Diskriminierungsformen auseinanderzusetzen. […] Von den Referent*innen im Jüdischen Museum Berlin erhielten wir die Rückmeldung, dass sie selten eine Klasse vor sich haben, die so diskussionsfreudig, tolerant und aufgeklärt ist.“

Vor dem Besuch der Dauerausstellung „Jüdische Geschichte und Gegenwart in Deutschland“ erhielten die Schüler*innen noch einen eindrucksvollen Einblick in den Raum „Memory Void“ und die dortige  Installation „Schalechet“ (Gefallenes Laub) von Menashe Kadishman. Über 10.000 Gesichter aus schweren Eisenplatten bedecken den Boden. Ihr Betreten rief bei den Jugendlichen intensive Gefühle hervor: „Das war unangenehm“, „Die kalten Klänge haben sich angehört wie Schreie“, „Als würde man auf Gesichtern rumtrampeln“, „… und Menschen erniedrigen“. Die Installation erinnert schmerzhaft an die Opfer der NS-Zeit.
 

Tag 3: Politischer Austausch im Bundestag

Am letzten Tag ihrer Reise hatten die Schüler*innen die Möglichkeit, den Bundestag zu besuchen und sich mit dem Bundestagsabgeordneten Dr. Kristian Klinck auszutauschen. Der Politiker, dessen Wahlkreis Plön-Neumünster ist, hatte die Respekt Coachin und die Schüler*innen ihrer Kooperationsschule persönlich nach Berlin eingeladen. Antigona Elmasry war im Vorfeld schon häufiger mit dem Abgeordneten im Austausch, Klinck unterstützt das Bundesprogramm Respekt Coaches.


MdB Dr. Kristian Klinck und die Jugendlichen aus Neumünster – beide Seiten freuten sich über das Gespräch im Bundestag.


In einer offenen Gesprächsrunde konnten die Jugendlichen ihre Fragen direkt an den Politiker richten und erhielten wertvolle Einblicke in das politische System der Bundesrepublik und wie politische Prozesse und Entscheidungsfindungen ablaufen. Die Respekt Coachin weiß, dass der persönliche Austausch wichtig ist: „Das fördert ihr politisches Bewusstsein, ihre Beteiligungsbereitschaft und ihr Verständnis für die Bedeutung von Demokratie“, und letztendlich, so Antigona Elmasry „trägt der Besuch des Bundestages und der Austausch mit dem Politiker dazu bei, das demokratische Engagement und die politische Bildung der Schüler*innen zu stärken.“

Auch wenn mehrtägige Gruppenangebote und Bildungsfahrten sehr aufwendig in der Planung und Organisation sind, die Erlebnisse und nachhaltigen Eindrücke für die Schüler*innen sind all die Arbeit wert, findet die Respekt Coachin vom JMD Neumünster.

 

 

Weitere Eindrücke
von der Bildungsfahrt

Ein Beitrag von:
JMD Neumünster / Servicebüro Jugendmigrationsdienste
Veröffentlicht: 09.09.2024

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