Politische Teilhabe auch bei jungen Menschen unter 18
Jugendliche an Bad Nauheimer Schule stimmen bei Juniorwahl ab
Im Rahmen der Juniorwahl, einer Simulation der Bundestagswahl, gaben 339 Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Schulen am Gradierwerk (BSG) in Bad Nauheim in einem schuleigenen Wahllokal ihre Stimme ab. Dabei lernten und erlebten sie den Wert politischer Teilhabe und wie Demokratie funktioniert. Begleitet wurden sie durch den Respekt Coach des JMD Wetterau.
Wahlen gibt es in der Schule vor allem zur Klassensprecherin oder zum Klassensprecher. Die Juniorwahl geht einen Schritt weiter, denn: Jugendliche für demokratische Mitsprache zu sensibilisieren, ist wichtiger denn je. Auch wenn sie das Wahlalter noch nicht erreicht haben, sind die inhaltlichen Weichenstellungen, die insbesondere von Bundestagswahlen ausgehen, für sie zukunftsweisend.
Demokratische Werte für junge Menschen erlebbar machen
Jungen Menschen das für die repräsentative Parteiendemokratie elementare Wahlrecht näherzubringen, ist ein Ziel der seit 1999 bestehenden Juniorwahl: „Die Juniorwahl ist ein handlungsorientiertes Konzept zur politischen Bildung an weiterführenden Schulen und möchte das Erleben und Erlernen von Demokratie ermöglichen. Neben der Motivation, zur Wahl zu gehen, soll Begeisterung und Interesse an Politik geweckt werden und somit die Grundlage für späteres gesellschaftliches Engagement entstehen“, heißt es im Konzept.
Diese Ziele befinden sich im Einklang mit denen des Präventionsprogramms JMD Respekt Coaches. Bundesweit setzen sich Schülerinnen und Schüler innerhalb des Programms mit Themen rund um Demokratie, Respekt und Toleranz auseinander und lernen, sich eine eigene Meinung zu bilden und sich selbst im Diskurs zu positionieren. An den Beruflichen Schulen in Bad Nauheim wurde die Juniorwahl daher durch Respekt Coach Kiran Bowry des Jugendmigrationsdienstes (JMD) Wetterau (Internationaler Bund) begleitet.
Herausragendes Engagement und eine hohe Wahlbeteiligung
Nach einer Einführung zum organisatorischen Ablauf und den Aufgaben des Wahlteams aus der 11. Klasse organisierten die knapp 20 Schülerinnen und Schüler zwischen 16 und 18 Jahren die Juniorwahl für die gesamte Schule: Als Wahlhelfende schickten sie Wahlbenachrichtigungen raus, legten Wählerverzeichnisse an und bauten das Wahllokal samt Wahlkabinen und Wahlurne auf. Und damit nicht genug. Um die Wählenden politisch zu informieren, erstellten sie Wahlplakate mit den wichtigsten Positionen der im Bundestag vertretenen Parteien und präsentierten sie in der Schulcafeteria.
Mit den Jugendlichen, die das Wahlteam bildeten, arbeitet Respekt Coach Kiran Bowry bereits länger zusammen. „Ich habe mit der Klasse schon Workshops zu Alltagsrassismus, Sexismus und Fake News durchgeführt. Die Schülerinnen und Schüler sind sehr interessiert, wissbegierig und bringen selbstständig Themen ein“, so Bowry. Auch deswegen eignete sich die Gruppe für die Organisation der Wahl.
Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung lernten die Jugendlichen auch, wie eine Wahl organisiert ist und kümmerten sich u.a. auch um die Stimmenauszählung.
Das Engagement der Gruppe schlug sich in einer hohen Wahlbeteiligung nieder: 339 Schülerinnen und Schüler aus 22 Klassen besuchten das Wahllokal und gaben ihre Stimmen ab. Neben Kiran Bowry begleitete die Lehrerin Adela Yamini die Wahl und zeigte sich zufrieden: „Sowohl den Wahlhelfenden als auch den Wählenden konnte der Ablauf des Wahlakts partizipativ und mit Spaß nähergebracht werden. Ebenso wollten wir vermitteln, wie wichtig es ist, vom so kostbaren Wahlrecht Gebrauch zu machen. Das ist uns gelungen.“
Neben der Stimmenabgabe als Höhepunkt der Juniorwahl lag ein Schwerpunkt auch in der inhaltlichen Vor- und Nachbereitung der Wahl im Unterricht. So wurden den Schülerinnen und Schülern beispielsweise Grundlagen über das deutsche Parteien- und Wahlsystem vermittelt. Viele Aufgaben, die mit einer Wahl zusammenhängen, seien den Schülerinnen und Schülern nicht bewusst gewesen, so der Respekt Coach. Entsprechend positiv fiel das Feedback der jungen Wahlhelfenden aus: Es sei interessant gewesen, die Abläufe und die Organisation einer Wahl kennenzulernen und umsetzen zu können. Außerdem, so heißt es aus der Klasse, „war es schön zu sehen, dass wir dazu beitragen konnten, dass sich viele Schülerinnen und Schüler an unserer Schule mit Demokratie und Politik beschäftigen.“
Wer hat das Rennen gemacht?
Nach der Stimmenauszählung kam das Wahlteam auf folgendes Ergebnis: An der Bad Nauheimer Schule lieferten sich bei den Erststimmen die Direktkandidaten von CDU und SPD ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Das Zweitstimmenergebnis zeigt einen klaren Sieg der SPD (86 Stimmen) vor der FDP (60 Stimmen) und der CDU (54 Stimmen). Die Grünen landeten gleichauf mit der AfD auf dem vierten Platz.
Ganz im Stil einer echten Wahl wurde das bundesweite Ergebnis der Juniorwahl am Abend der Bundestagswahl veröffentlicht. Unter den 4.500 teilnehmenden Schulen erreichten die Grünen das beste Ergebnis (20,6 %), dicht gefolgt von SPD (19,4 %) und FDP (18,5 %). 15,3 % fielen auf sonstige, nicht im Bundestag vertretene Parteien. Das Ergebnis der BSG in Bad Nauheim stimmt angesichts des starken Abschneidens der AfD nachdenklich und beweist, wie wichtig die politische Bildungs- und Präventionsarbeit vor Ort bleibt.
Für Respekt Coach Kiran Bowry ist das Projekt daher noch nicht beendet. „Die Ergebnisse der Wahl werden im Rahmen einer Abschlussveranstaltung mit der Klasse besprochen. Außerdem beteiligt sich die Schule mit vielen Veranstaltungen am Internationalen Tag der Menschenrechte“, so Bowry. Auch er werde mit Angeboten vertreten sein und weiterhin demokratische Werte für die Schülerinnen und Schüler erlebbar machen.
JMD Wetterau / Servicebüro Jugendmigrationsdienste; Bilder: JMD Wetterau
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